Gegen Blutkrebs! Meine Stammzellspende

Blogpost #6 - Die Voruntersuchung

 

Es gibt in Deutschland mehrere Kliniken, in denen die Voruntersuchung und die Stammzellenentnahme durchgeführt werden können. Meine ist diejenige, die meinem Heimatort am nächsten liegt. Ich reiste einen Tag vor dem Untersuchungstermin mit dem Auto an.

Seit die Deutsche Bahn so oft unangemessen hohe Flexibilität von ihren Kunden abverlangt – auch wenn es unfreiwillig ist -, ist mein Vertrauen geschwunden. Dann nehme ich mir lieber ein gutes Hörbuch oder gute Musik-CDs mit und fahre die Strecke im Wagen. Staus nehme ich in Kauf. Immerhin sitze ich dann komfortabel in meinem PKW und muss nicht in zugigen Bahnhofshallen auf Anschlusszüge warten, die ich wegen des flexiblen Zeitplans der DB verpasst habe. Und vor Ort bin ich ebenfalls mobil, muss nicht Taxi oder Bus benutzen. Die Übernachtung im Hotel zahlt die DKMS; Fahrtkosten sowie die anderen Kosten, die anfallen, kann ich bei der DKMS abrechnen.

 

 

Zur Voruntersuchung ging ich mit verhaltener Zuversicht. Nun kam nämlich die Stunde der Wahrheit: War ich gesund genug, um tatsächlich spenden zu können? Wie schon einmal erwähnt, bin ich geradezu lächerlich gesund. Zumindest ging ich davon immer aus, und Ärzte suche ich nur auf, wenn es nicht anders geht. Abgesehen von Zahnarzt und Gynäkologin, die besuche ich regelmäßig zu den gebotenen Vorsorgeuntersuchungen.

 

Meine medizinische Vorgeschichte ist unspektakulär, keine größeren Erkrankungen, keine größeren Unfälle, selten Beschwerden. Was erwähnenswert ist, sind die wenigen Allergien (Heuschnupfen und zwei, drei Nahrungsmittelallergien - alles habe ich im Griff) und die seltenen Herzrhythumsstörungen, die ich manchmal habe. Eine geringfügige Abweichung im EKG, die mich seit Jahrzehnten (vermutlich seit meiner Geburt) begleitet und keine Einschränkungen mit sich bringt. Tja, und im Übrigen stellte sich dann heraus: Ich bin so gesund, wie ich mich fühle. Alles bestens also. Außer einem grippalen Infekt, der breits am Abklingen war (eine sogenannte Männergrippe - sorry, der ist für Insider), stand der Stammzellspende nichts im Wege.

 

Im Entnahmezentrum

 

Meine Eindrücke in dem Entnahmezentrum: Lauter gut gelaunte Menschen. Täglich kommen BlutspenderInnen dorthin, und täglich kommen Kuriere, die Stammzellen für eine/n Patienten/in abholen. Aus aller Welt!

 

Und es gibt wohl auch täglich Menschen, die zur Voruntersuchung herkommen, und Menschen, die zur Stammzellspende herkommen. Hier ist Normalität, was einem Sechser im Lotto gleicht. Die Aufklärung ist hervorragend, alle Fragen werden beantwortet.

 

Eine körperliche Untersuchung, Blut- und Urinabnahme, Ultraschall der Organe im Oberbauch – das alles gehört dazu. Ebenso die ausführliche Anamnese. Es gibt einen kleinen Raum, in dem man sich jederzeit mit Getränken und Nahrung versorgen kann. Das ist für die regelmäßigen BlutspenderInnen genauso wichtig wie für die „Fremden“ wie mich, die zum ersten Mal Kontakt mit einem Blutentnahmezentrum haben. Ich gebe zu, dass ich keine Blutspenderin bin, weil ich immer eine Scheu davor habe/hatte. Nun habe ich eine der gängigsten Blutgruppen, insofern ist es nicht weiter schlimm. Mir wird manchmal flau, wenn ich sehe, wie das Blut aus meinem Körper in eine Kanüle läuft. Ich sehe dann einfach zur Seite. Ohnmächtig bin ich deswegen noch nie geworden. In drei Schwangerschaften habe ich einige Male Blutentnahmen über mich ergehen lassen müssen … Et het noch immer jotjejange.

 

Jedenfalls wies mich die Ärztin darauf hin, dass ich bei der Entnahme diesen Tatbestand thematisieren solle. Das sah ich ein. Ich muss mir die beiden Schläuche, durch die mein Blut fließt, nicht anschauen. Stattdessen konzentriere ich mich lieber auf ein Hörbuch, einen Film oder Musik. All das ist machbar. Die Entnahme wird zwischen drei und fünf Stunden dauern, erklärte man mir, und in dieser Zeit könne ich nicht aufstehen. Da meine Venen nicht ganz leicht zu finden sind, werde ich die Braunülen auf beiden Seiten vermutlich in die Armbeuge bekommen, was bedeutet, dass ich keine Hand frei habe, sondern beide Arme relativ ruhig halten muss. Wichtig ist es, viel zu trinken … Ähm.

 

Tja, dafür gibt es dann die geliebte Bettpfanne. Mit der ich schon als Kind nach der Blinddarm-OP nicht zurechtkam und als junge Frau nach den Geburten auch nicht. Aber frau lernt ja dazu. Echt mal, wenn es nichts Schlimmeres ist …

 

Bevor ich wieder entlassen wurde, erhielt ich eine Einweisung: Vorbereitend zur Entnahme muss ich fünf Tage lang ein Medikament nehmen, das dafür sorgt, dass Stammzellen vermehrt gebildet und ins Blut geschwemmt werden. Dieses Medikament wird täglich zwei Mal subkutan verabreicht. Genauer gesagt, ich verabreiche es mir selbst. Morgens eine Spritze, abends zwei. Alle, die an Diabetes leiden, alle, die schon mal Thrombosespritzen gebraucht haben, werden müde lächeln. Mich schreckt das auch nicht, weil ich selbst schon solche Spritzen verabreicht habe – wenn auch nicht  in meine eigene Bauchdecke.

 

Der Patient/die Patientin wird ebenfalls auf die Spende vorbereitet, und für ihn/sie ist es viel unangenehmer als für den Spender. Mit Chemotherapie und/oder Bestrahlung wird das kranke Knochenmark des Patienten/der Patientin zerstört. Ab diesem Zeitpunkt kann der betroffene Mensch nicht mehr überleben, wenn die Spende gesunder Stammzellen anschließend nicht durchgeführt wird. Dies ist der Punkt, an dem mir nochmal deutlich wird, wie lächerlich einfach es für mich ist, diese Zellen zu spenden, und wie lebensbedrohlich es für den erkrankten Menschen ist, sich auf die Spende einzulassen, die er doch braucht, um überleben zu können.

 


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